Forderungen des grünen Thüringer Landesvorstand 26. September 202219. September 2022Der Winter der Solidarität:Energiekrise überwinden, soziale Härten abfedern und Ukraine helfenDer barbarische russische Angriffskrieg auf die Ukraine dauert an. Täglich sterben Frauen,Kinder und Zivilistinnen. Täglich sterben Soldatinnen, die diesen Krieg nicht gesuchthaben. Und jeden Tag werden wir schmerzlich daran erinnert, wie fatal es war, dass unsunsere Vorgängerregierungen in Berlin abhängig von Russland gemacht haben. Für unsaber ist klar, dass wir uns als Gesellschaft von einem faschistischen Autokraten wieWladimir Putin nicht spalten lassen, dass wir uns dieser Abhängigkeit nicht fügen oderanpassen, sondern davon so schnell als möglich befreien werden. Die aktuelle Situationmuss uns zu einem schnelleren und konsequenteren Ausbau der Erneuerbaren Energienführen. Kurzfristig sind aber auch große Einsparungen von Strom und Wärme nötig. Dafürmüssen wir uns alle anstrengen und die Lasten fair innerhalb der Gesellschaft verteilen. DieVerbrauchszahlen beweisen, dass wir uns als Gesellschaft dem Ernst der Lage bewusstsind und Energieeinsparungen bereits geschehen. Das soll und kann ausgebaut werden.Wir stehen an der Seite der Menschen bei uns, die gerade von der Energiekrise und Inflationbesonders hart getroffen werden. Viele Menschen, darunter vor allem Alleinerziehende undviele Rentner*innen, Studierende und Auszubildende, die keine Rücklagen haben, kommenin existentielle Not. Und es trifft besonders Menschen in Ostdeutschland, in Thüringen, woviele Menschen geringe Einkommen haben. Diese Härten wollen wir abfedern und tretenfür einen fairen Lastenausgleich ein. Wir begrüßen die bisherigen drei Entlastungspakete.Wir begrüßen, dass Zufallsgewinne abgeschöpft werden sollen und eine europäischeLösung für die galoppierenden Strompreise gefunden werden soll. Wir begrüßen, dassMenschen mit niedrigen Einkommen über gezielte Erweiterung und Erhöhung desWohngeldes sowie eine Erhöhung des Kinderzuschlags entlastet werden. Doch das reichtnicht aus. Wir wollen und müssen die kommenden Monate zu einem Winter der Solidaritätin Deutschland machen. Zusammen mit Bund, Ländern und Kommunen wollen wirzusammenstehen als eine Gesellschaft, die hilft.Um für die kommenden Monate eine faire Lastenverteilung in Thüringen zu schaffen, fordern wirvon der Landesregierung daher folgende kurzfristig umsetzbare Maßnahmen:Wohngeld schnell und digital machenDas dritte Entlastungspaket sieht vor, den Anspruch auf Wohngeld ab dem 1. Januar 2023deutlich auszuweiten. Damit auch möglichst alle Wohngeldberechtigten schnell ihrenAnspruch geltend machen, braucht es unkomplizierte Antrags- und schnelleBewilligungsverfahren, analog und digital. Das Land muss diese Digitalisierung jetztzusammen mit den Kommunen schnellstmöglich auf den Weg bringen. Außerdem müssendie Heizkostenzuschüsse für Wohngeldempfänger*innen so schnell wie möglichausgezahlt werden. Andere Bundesländer machen es bereits vor. Die Kommunen sindihrerseits aufgerufen, kurzfristig die Bearbeitungs- und Beratungskapazitäten zu erhöhen,um eine schnelle Bewilligung und Auszahlung zu gewährleisten.Einrichtung eines landeseigenen HärtefallfondsOb Lebensmittel, Heizung oder Benzin: Für Menschen, die ein geringes Einkommen haben,aber weder Grundsicherung noch Wohngeld erhalten, werden die steigenden Preise schnellzum existenziellen Problem – insbesondere wenn sie Kinder oder andere Angehörige zuversorgen haben. Um zu verhindern, dass Menschen zahlungsunfähig werden, muss dasLand einen landeseigenen Härtefallfonds aufsetzen, um einzelfallbezogen unterstützendunter die Arme zu greifen.Vereine unterstützenSoziale und gemeinnützige arbeitende Einrichtungen, Vereine und Verbände könnenPreissteigerungen nicht kompensieren. Um ihre wertvolle Arbeit nicht zu verlieren, brauchtes für sie einen Schutzschirm, der die steigenden Energiekosten abfängt.Ausbau-Turbo für erneuerbare Energien in ThüringenErneuerbare Energien sind mittelfristig der einzige Weg aus der Energiekrise zu einergünstigen, zuverlässigen und autarken Versorgung. Deshalb muss Thüringen jetzt zu denbereits beschlossenen Gesetzesänderungen der Bundesebene nachlegen und bestehendeHürden für einen zügigen Ausbau insbesondere von Wind- und Solarenergie beseitigen. Dasbedeutet die Nutzung von Schadflächen (Kalamitätsflächen) in Forstgebieten zuermöglichen. Die Gewinne hieraus können helfen den Waldumbau zu finanzieren. DieMindestabstände zu Siedlungsgebieten sollen verringert, das Repowering von altenAnlagen planungsrechtlich vereinfacht und bestehende Informations- undBeratungsangebote erweitert werden. Wichtig ist auch, die Beteiligung der Bürger*innenbei der Errichtung neuer Windkraftanlagen zu verbessern und die finanziellen Vorteile fürdie Gemeinden zu erhöhen. Bestehende Biogasanlagen müssen als grundlastfähige Formder erneuerbaren Energieerzeugung erhalten bleiben. Bundesförderungen für Solarthermieund Co. müssen im Land mit eigenen Förderprogrammen ergänzt werden.Förderung von Energie-Einspar- und EffizienzmaßnahmenJede eingesparte Kilowattstunde zählt, um die Kosten zu senken, die Abhängigkeit vonfossilen Energien aus Russland zu verringern und den Klimawandel abzumildern.Steigerungen der Energieeffizienz sind das beste Mittel, um sich aus der Kostenspirale zulösen. Bereits bestehende Instrumente (Beratung durch anerkannte Energieeffizienz-Expert*innen, Solarrechner, Förderung für die Erstellung von Sanierungsfahrplänen)müssen dafür bekannter und niedrigschwelliger zugänglich gemacht werden. Fürdiejenigen, die es sich nicht leisten können zu sanieren, braucht es eine Aufstockung derentsprechenden Fördertöpfe in Bund und Land.Zudem fordern wir einen zielgerichteten Aufbau für Energieberatung und energetischeSanierung, damit es in jedem Landkreis ein Vor-Ort-Angebot gibt. Zudem sollen auch dieaufsuchende Energieberatung und Zuschuss- oder Gutscheinprogramme für denAustausch von Energiefressern im Haushalt für Menschen mit wenig Geld gestärkt werden.Vor allem sozial orientierte Wohnungsunternehmen und gemeinnützige Einrichtungenbrauchen finanzielle Unterstützung bei der Umstellung auf klimafreundlicheEnergieversorgung.Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass Verwaltungen für Land und Kommunen ihrenBeitrag leisten und ihren Energieverbrauch schnell um 20 Prozent senken. Was Wirtschaftund Privatpersonen leisten sollen, muss die öffentliche Hand vormachen!Löhne und Tarifbindung im Land erhöhenZum 01.10. steigt der Mindestlohn dank der Ampelkoalition deutschlandweit auf 12 Euro.Davon profitieren viele Arbeitnehmer*innen in Thüringen, wo überdurchschnittlich vieleGeringverdienende arbeiten. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten müssendarüber hinaus auch die Tarife sowie die Löhne und Gehälter weiter steigen. DieLandesregierung muss daher zusammen mit den Sozialpartnern Lösungen zu dennotwendigen Lohnerhöhungen finden und sich stärker für eine Ausweitung derTarifbindung einsetzen.Schutzschirm für Stadtwerke und kommunale UnternehmenAls Gemeinschaft müssen wir alles Notwendige dafür tun, dass unsere kommunalenEnergieversorger nicht in finanzielle Schieflage geraten. Ein landeseigener Schutzschirmsoll Thüringer Stadtwerke vor einer Insolvenz bewahren. Der Schutzschirm soll an eineEinzelfallprüfung gekoppelt sein sowie an die Bedingung, dass der Versorgerzahlungsunfähigen Kund*innen keine Energiesperren verhängt. Die kommunalenEnergieversorgungsunternehmen sollen in die Pflicht genommen werden, Treiber derlokalen Energiewende zu werden. Auch für sozial orientierte Wohnungsunternehmen undandere kommunale Unternehmen sollen Bürgschaften und zinsfreie Darlehen vom Landbereitstehen, um die Liquidität sichern zu können.49 Euro Ticket – bezahlbare, klimagerechte Mobilität weiterhin fördern und ausbauenDas 9€-Ticket als Bestandteil des zweiten Entlastungspaketes sorgte, anders als zu Beginnerwartet, insbesondere für Entlastungen niedrigerer Einkommen. Daher bedarf es einerschnellstmöglichen bezahlbaren und einheitlichen Weiterführung in Form eines 49 EuroTickets. Das Land muss sich an einer bundesweiten Lösung beteiligen. Außerdem bedarf eseines landesweiten Sozialtickets. Diese Co-Finanzierung des Ticketpreises darf aber nichtzu Lasten des dringend benötigten Ausbaus der Nahverkehrsinfrastruktur gehen. On-Demand Lösungen, wie kurzfristig verfügbare Rufbusse, können das Nahverkehrsangebotim ländlichen Raum stützen. Unser Ziel ist es, dass der öffentliche Personennahverkehrüberall im Land so gut ausgebaut ist, dass alle Menschen wirklich die freie Wahl haben, wiesie mobil sein wollen.Für mobile Menschen, die für kurze Strecken bisher auf das Auto angewiesen sind, kann derUmstieg auf ein E-Bike dauerhaft eine echte finanzielle Entlastung sein. BestehendeFörderungen für die Anschaffung von E-Bikes wollen wir daher aufstocken.