Offener Brief der Fraktion an Herrn Schindhelm

Sehr geehrter Herr Schindhelm,
Ihre Aussagen gegenüber dem bündnisgrünen Kreistagsabgeordneten Filip Heinlein zur NPD weisen wir nachdrücklich zurück. Denn die Ziele der NPD sind mit den grundlegenden Prinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wozu auch die bedingungslose Achtung vor den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten gehört, kaum vereinbar. Jeder leichtfertiger Umgang mit Vertreterinnen und Vertretern dieser Partei verbietet sich daher.

Der Thüringer Landtag stellt einen Sonderfall aller ostdeutschen Parlamente dar. In den über 20 Jahren seit der Überwindung der letzten deutschen Diktatur und der Friedlichen Revolution, ist es bisher keiner rechtsextremen Partei gelungen, in die Volksvertretung der Bürgerinnen und Bürger einzuziehen. Gleichwohl haben die Wahlerfolge der NPD bei der Landtagswahl 2009 gezeigt, dass man die Partei und ihre Vertreterinnen und Vertreter nicht unterschätzen darf. Gegenüber 2004 konnte die NPD ihr Ergebnis praktisch verdoppeln, verfehlte den Einzug in den Landtag nur um wenige Tausend Stimmen. In einigen Gemeinden erhielt die NPD um die 20 Prozent der Zweitstimmen.

Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen dabei ganz deutlich, dass der Einzug in die Landesparlamente über vorige Erfolge auf kommunaler Ebene erfolgte. Seit den Kommunalwahlen im Jahr 2009 ist die NPD in elf der 23 Landkreise und kreisfreien Städte in den Kommunalparlamenten vertreten. Mit zwei Abgeordneten leider auch im Kreistag von Sonneberg.

Wie Sie uns sicher zustimmen werden, dürfen wir uns als Demokraten angesichts der Entwicklungen der vergangenen Jahre nicht mehr darauf verlassen, dass anti-demokratische und fremdenfeindliche Parteien auch künftig der parlamentarische Zugang verwehrt bleibt. Vielmehr hat jeder Demokrat die Pflicht, die verfassungsrechtlichen Prinzipien, Werte und freiheitliche Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland aktiv zu schützen.

Der Respekt vor den Parlamenten und auch vor jenen Bürgerinnen und Bürgern, die NPD-Parlamentarier gewählt haben, erfordert es zweifellos, sich mit ihren parlamentarischen Aktivitäten sachlich auseinanderzusetzen. Aber mit Antidemokraten muss man nicht plaudern oder scherzen. Im Gegenteil. Demokratisch gewählt heißt nicht demokratische Partei. Zweifellos ist es unhöflich, irgendeiner Person den Händedruck zu verweigern. Wir sind uns aber sicher, dass auch Sie die Achtung der freiheitlichen Grundordnung als höheres Gut einschätzen als die Benimmregeln.

Die antidemokratischen Rechten dürfen nicht unterstützt werden, indem demokratische Parteien ihnen den Anschein von Legitimität und Achtung seitens der Gesellschaft geben. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und der Einsatz von Gewalt gegenüber Minderheiten, der von Kräften innerhalb der NPD ausdrücklich begrüßt und nachweislich praktiziert wird, darf unter keinen Umständen toleriert werden.
Ferner möchten wir Sie darauf hinweisen, dass ein Kommunalparlament natürlich der Ort sein muss, in dem politischer Streit stattfindet. Ihre Aussage, dass politische Wertungen dort nicht hingehören, stellt vor diesem Hintergrund die von der Verfassung vorgesehene Funktion des Parlaments in Frage.
Wir fordern Sie daher auf, Ihre gegenüber Filip Heinlein geäußerten Anfeindungen zurückzunehmen. Zudem sollten Sie Ihren Umgang mit der NPD-Fraktion einer gründlichen Prüfung unterziehen. Zumindest ist Ihrerseits eine Distanzierung von den Beifallsbekundungen rechtsextremer Internetseiten notwendig.

Gern sind wir auch als Bündnisgrüne bereit, mit Ihnen dazu zeitnah ins Gespräch zu kommen.

Mit freundlichen Grüßen,

Anja Siegesmund, Vorsitzende der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Madeleine Henfling, Landessprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Dieter Lauinger, Landessprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Antje Duckwitz, Sprecherin des KV Sonneberg BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Filip Heinlein, Sprecher des KV Sonneberg BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zur Kenntnis: Artikel aus Insuedthueringen.de  http://www.insuedthueringen.de/lokal/sonneberg_neuhaus/sonneberg/art83453,1684104

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