Müllofen Zella-Mehlis

„Gestank darf es bei einem Müllofen nicht geben“
Der Leiter des Staatlichen Umweltamtes Suhl, Wolfgang Heerlein, über die Kontrollen zur Inbetriebnahme der Verbrennungsanlage Zella-Mehlis

UMWELT
„Gestank darf es bei einem Müllofen nicht geben“
Der Leiter des Staatlichen Umweltamtes Suhl, Wolfgang Heerlein, über die Kontrollen zur Inbetriebnahme der Verbrennungsanlage Zella-Mehlis
Bitte hier klicken !
Bild vergrößern
Entscheidend ist, was oben heraus kommt: Die Müllverbrennungsanlage in Zella-Mehlis läuft seit kurzem im Probebetrieb – und spaltet nach wie vor die Gemüter.

Entscheidend ist, was oben heraus kommt: Die Müllverbrennungsanlage in Zella-Mehlis läuft seit kurzem im Probebetrieb – und spaltet nach wie vor die Gemüter.

Seit kurzem läuft die Inbetriebnahme des Müllofens in Zella-Mehlis. Derzeit wird die Anlage noch probeweise mit Müll befeuert, aber es gab auch schon massive Beschwerden wegen Gestanks nach verbrannter Plaste. Wir sprachen mit dem Leiter des Staatlichen Umweltamtes Suhl, Wolfgang Heerlein, darüber, welche Kontrollen bei der Inbetriebnahme solch einer Anlage laufen.

In wie weit ist Ihre Behörde in den Probebetrieb einbezogen?

W. Heerlein: Das Staatliche Umweltamt ist für die immissionsschutzrechtliche und abfallrechtliche Überwachung der Anlage zuständig.

Immissionen sind die Belastungen, die im Umfeld der Anlage ankommen, aber wieso abfallrechtliche Kontrollen?

W. Heerlein: Das sind zunächst einmal die Abfälle, die in die Anlage hinein kommen. Aber auch die Dinge wie etwa die Schlacke, die die Anlage verlassen, unterliegen dem Abfallrecht.

Aber Sie schauen auch, was in die Anlage hinein kommt?

W. Heerlein: Ja. Wir sind auch für die Eingangskontrollen zuständig.

Was wird bei solch einer Inbetriebnahme denn noch alles kontrolliert?

W. Heerlein: Der Anlagenbetreiber hat für die Errichtung und den Betrieb der Anlage
Bild vergrößern
„Geruchsbelästigungen lassen sich nicht messen, für sie gibt es keine Grenzwerte“ – sagt Wolfgang Heerlein, Leiter des Staatlichen Umweltamtes in Suhl.
Bild:
eine Genehmigung des Landesverwaltungsamtes erhalten. Dieser Bescheid einschließlich seiner Nebenbestimmungen muss nun vollzogen werden. Wie gesagt, das Staatliche Umweltamt ist die örtlich zuständige Behörde – es werden aber weitere Stellen hinzugezogen, zum Beispiel die Gewerbeaufsicht, der Brandschutz und die untere Wasserbehörde. Unser Part, der abfall- und immissionsschutzrechtliche Teil, reicht von der Eingangskontrolle über die Verbrennungsbedingungen und Einhaltung der Immissionsgrenzwerte bis hin zur fachgerechten Entsorgung der Verbrennungsrückstände.

Wie läuft solch eine Überwachung ab? Stehen Ihre Mitarbeiter auch unangemeldet vor der Tür?

W. Heerlein: Es gibt mehrere Formen der Überwachung: Die Regelüberwachung und die Anlassüberwachung. Die Regelüberwachung erfolgt in diesem Fall ein bis zwei Mal im Jahr und ist angemeldet. Auch die Inbetriebnahme-Überwachung ist solch eine Regelüberwachung. Die Anlassüberwachung erfolgt – wie der Name schon sagt –, wenn sie erforderlich ist. Das geschieht dann unangemeldet, zu jeder Tag- und Nachtzeit. Ein Anlass kann sein, dass wir Unregelmäßigkeiten feststellen oder uns welche gemeldet werden.

Wie im Fall des Gestanks nach verbrannter Plaste in der Nachbarschaft der Anlage?

W. Heerlein: Das war so ein Anlass. Wir sind damals sofort tätig geworden. Ich habe drei Fachingenieure in die Nähe der Anlage und in die Anlage selbst geschickt. Dort wurden alle möglichen Untersuchungen vorgenommen.

Lässt sich schon sagen, was die Ursache der Geruchsbelästigung gewesen ist?

W. Heerlein: Nein, unsere Untersuchungen laufen noch. Wir haben ein Verfahren eingeleitet. Die Untersuchungen müssen sehr gründlich vorgenommen werden – das ist mir aber lieber, als möglichst rasch etwas zu präsentieren, was sich dann als oberflächlich entpuppt.

Die Bürgerinitiative „Für ein besseres Müllkonzept“ vermutet Probleme mit dem Bypass, über den Abgase während des Anfahrens an der Rauchgasreinigung vorbei geleitet werden können?

W. Heerlein: Das können wir nach dem jetzigen Stand ausschließen.

Kann es im Zuge des Probebetriebs auch zu Grenzwert-Überschreitungen kommen?

W. Heerlein: Derzeit wird die Anlage ja eingefahren. Das heißt, für die Verbrennung sollen die Bedingungen optimiert werden. In diesem Zusammenhang sind geringe und kurzzeitige Grenzwertüberschreitungen nicht auszuschließen. Aber da ein Schadstoff-Anstieg durch die laufenden Messungen erkennbar ist, kann rechtzeitig gegengesteuert werden. Generell werden Grenzwert-Überschreitungen aber nicht toleriert. Einzelfälle müssen mit den jeweiligen Rahmenbedingungen von uns entschieden werden.

Messen Sie nur das, was den Schornstein verlässt oder auch, was im Umfeld der Anlage an Schadstoffen ankommt?

W. Heerlein: Das Staatliche Umweltamt nimmt keine eigenen Messungen vor, es hat nur Kontrollfunktionen. Alle notwendigen Messungen, die der Betreiber durchzuführen hat, regelt der Genehmigungsbescheid. Alle Messeinrichtungen müssen geeicht und überprüft werden. Kontinuierlich werden Werte wie Stickoxide oder die Verbrennungstemperatur aufgezeichnet und auch online an das Umweltamt übertragen. Sollten Grenzwertüberschreitungen vorkommen, wissen wir also umgehend Bescheid. Periodisch werden Schwermetalle, Furane und andere Stoffe gemessen. Diese Messungen erfolgen im ersten Jahr alle zwei Monate. Sie dürfen nur von einer eigens dafür zertifizierten Stelle vorgenommen werden. Der Betreiber ist verpflichtet, uns die Messprotokolle zugänglich zu machen – so dass man sagen kann, dass die Anlage in diesem Punkt eigentlich gläsern ist.

Die Müllofen-Gegner haben ein Gutachten vorgelegt, das von einer anderen Ausbreitung der Abgase ausgeht als die Berechnungen, die für die Genehmigung der Anlage eingereicht worden sind. Lässt sich messen, wer nun Recht hat?

W. Heerlein: Im Genehmigungsbescheid ist dazu nichts festgelegt. Und man muss sagen, dass solche Immissionsmessungen, wie Sie sie ansprechen, unüblich sind. Das lässt sich vielleicht verstehen, wenn man bedenkt, dass die Dinge, die damit gemessen werden, ja nicht einer einzigen Quelle zugeordnet werden können. Stickoxide können zum Beispiel ja auch aus dem Straßenverkehr stammen. Aber es gibt eine Reihe von Luftmessstationen in der Nähe der Anlage. Diese Stationen arbeiten rund um die Uhr und ihre Messwerte kann sich jeder im Internet anschauen. Diese Stationen befinden sich in Suhl in der Stadtmitte, seit Juli gibt es auch eine in Suhl-Nord, eine steht in Zella-Mehlis sowie eine weitere auf dem Großen Eisenberg. Das sind alles Messstellen der Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Das Bundesumweltamt betreibt zudem eine weitere Station auf der Schmücke.

Aber diese Stationen messen keinen Gestank. Wie kann man die Beschwerden der Bürger nachvollziehen?

W. Heerlein: Gestank oder Geruchsbelästigungen darf es bei einer Müllverbrennungsanlage nicht geben, da sind wir uns einig. Technische Messungen sind hier keine Lösung. Die einzige Möglichkeit, die wir haben, ist, Ursachenforschung zu betreiben.

Das heißt, Geruchs-Grenzwerte gibt es nicht?

W. Heerlein: Nein, so etwas ist nicht möglich.

Nach wie vor steht die Entscheidung der Landesregierung im Raum, die Staatlichen Umweltämter aufzulösen. An wen können sich die Bürger dann mit solchen Beschwerden wenden?

W. Heerlein: Ich denke, die Überwachung wird weiterhin von irgend einer Landesbehörde ausgeführt werden. Der Gesetzgeber wird entscheiden, welche Behörde das dann sein wird.

INTERVIEW: J. WENZEL

vom Freien Wort